StartseiteSportWie sollte ich mich mit Herz­erkrankung oder nach einem Herz­infarkt bewegen?

Wie sollte ich mich mit Herz­erkrankung oder nach einem Herz­infarkt bewegen?

Sport mit einer Herzerkrankung oder nach einem Herzinfarkt? Vielleicht haben Sie es schon von Ihrem Arzt oder während der Reha gehört: Bewegung ist schon kurz nach einem Herzinfarkt oder der Diagnose einer Herzerkrankung wichtig und empfohlen. Denn Bewegung ist nicht nur für Körper und Herz, sondern auch für die Psyche vorteilhaft! Doch wie stark und mit welchen Übungen können Sie trainieren, sodass es (noch) gut für Ihr Herz ist? Lesen Sie dazu mehr in diesem Artikel.

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Auf einen Blick

Für die meisten Herzpatienten gilt: So früh wie möglich nach einem Herzinfarkt oder Herzproblemen (wieder) bewegen.

Wir empfehlen, lieber an 6 Tagen pro Woche mindestens 25 Minuten mit moderater Intensität zu trainieren als nur an wenigen Tagen lange Einheiten einzulegen.

Die richtige Intensität beim Training erwischen. Dabei helfen Ihnen die Sprechtest-Methode oder eine Pulsuhr.

Sport mit Herzerkrankung?

Wenn wir an Krankheiten denken, dann denken wir oft ans Ausruhen. Schnell kommen Gedanken auf wie “Nein, das geht nicht! Ich muss mich schonen”. Was bei Grippe, Magen-Darm oder Verletzungen stimmt, trifft für die meisten Herzpatienten nicht zu. Der Mythos, dass Herzpatienten am besten heilen, wenn sie sich ausruhen, ist lange überholt.  

Im Gegenteil! Egal, ob Sie (ehemaliger) Leistungssportler oder eher Gelegenheitssportler sind: Auf dem Weg zu einem gesunden Herz wird ausdrücklich empfohlen, sich (weiterhin) regelmäßig zu bewegen und Bewegungspausen über mehrere Tage zu verhindern. So deutlich sprechen sich die Europäischen Leitlinien für Herzerkrankungen aus. Und das direkt nach einem Herzinfarkt. Denn regelmäßige Bewegung senkt nachweislich die Sterblichkeit und mögliche weitere Klinikaufenthalte von Herzpatienten.

Deswegen gilt: Fangen Sie so früh wie möglich nach einem Herzinfarkt an, sich (wieder) regelmäßig zu bewegen. Damit Sie und Ihr Herz am besten davon profitieren können, gilt es vor allem zwei Dinge zu beachten: Regelmäßigkeit und die richtige Trainingsintensität. Darüber sollten Sie sich kurz mit Ihrem Arzt abstimmen.

Wie viel ist regelmäßig?

Regelmäßige Bewegung bedeutet, dass Sie sich an mehreren Tagen in der Woche bewegen. Und zwar so, dass Sie in Summe auf mindestens 150 Minuten Bewegung in der Woche mit moderater Intensität kommen.

Das heißt, es kommt mehr darauf an, dass Sie sich an möglichst vielen Tagen etwas bewegen. Und nicht auf eine lange Dauer oder Höchstleistung an einzelnen Tagen. Ein 25-minütiger, zügiger Spaziergang mehrmals die Woche ist also herzgesünder als eine 150-minütige Joggingrunde einmal die Woche. 

Unsere Empfehlung, die wir von den Fachgesellschaften ableiten: 6 Tage × 25 Minuten = 150 Minuten.

Was ist die Trainingsintensität?

Der Schlüssel, damit Sie und Ihr Herz von der Bewegung wirklich profitieren können: die richtige Bewegungsintensität. Sie müssen kein Leistungssportler oder Marathonläufer werden, damit Ihr Herz von Ihrem Training profitiert. Aber Sie sollten mit ausreichender Intensität trainieren. 

Die Fachgesellschaften empfehlen dabei Bewegungen mit mindestens moderater Intensität. Denn ist die Intensität zu niedrig, wird Ihr Herz nicht ausreichend gefördert. Ein effektives Training soll Sie heraus-, nicht überfordern, Sie gut zum Schwitzen bringen, aber nicht keuchend auf dem Boden liegen lassen.

Woher weiß ich, mit welcher Intensität ich trainiere?

Es gibt verschiedene Methoden, um zu bestimmen, mit welcher Intensität Sie gerade trainieren. Zwei tolle, bewährte Methoden: Sprechtest und Pulsmessen. 

So ermittelt man die Intensität mit dem Sprechtest:

  • Sie trainieren moderat, wenn Sie sich während dem Bewegen noch problemlos sprechen und unterhalten, aber nicht mehr singen können.
  • Sie trainieren mit einer hohen Intensität, wenn Sie während dem Bewegen kaum mehr sprechen oder nur noch wenige Worte sagen können, ohne eine Atempause zu machen.

Probieren Sie den Sprechtest doch bei Ihrer nächsten Radtour, beim nächsten Spaziergang oder beim Joggen direkt aus! Für moderate Intensität gilt: Sprechen klappt, singen nicht mehr!

So ermittelt man die Intensität über den eigenen Puls

Ihr Puls, also Herzschläge pro Minute, ist ein toller Wegweiser, um zu erkennen, mit welcher Intensität Sie sich gerade bewegen.

Bei moderater Intensität liegt Ihr Puls bei mindestens 55 % Ihrer maximalen Herzfrequenz. Bei einer hohen Intensität liegt Ihr Puls über 75 % Ihrer maximalen Herzfrequenz.

Das Besondere: Training mit einer hohen Intensität zählt doppelt. 75 Minuten Training mit einer hohen Intensität zählen genauso viel, wie 150 Minuten Training mit moderater Intensität.

Um zu wissen, welcher Puls bei Ihnen welcher Intensität entspricht, gehen Sie einfach die folgenden drei Schritte:

  1. Zuerst ermitteln Sie grob Ihre maximale Herzfrequenz. Ziehen Sie dafür Ihr Alter von der Zahl 220 ab. Wenn Sie 65 Jahre alt sind, beträgt Ihre maximale Herzfrequenz nach dieser Formel = 220 – 65 = 155 Schläge pro Minute.

  2. Damit Sie mit moderater Intensität trainieren (55 % Ihrer maximalen Herzfrequenz), sollte Ihr Puls mindestens 0,55 (also 55 %) * 155 = 85 Schläge pro Minute betragen.

  3. Damit Sie mit hoher Intensität trainieren (mindestens 75 % Ihrer maximalen Herzfrequenz), sollte Ihr Puls mindestens 0,75 (also 75 %) * 155 = 116 Schläge pro Minute betragen. 


Zusammengefasst heißt das grob: 

  • Maximale Herzfrequenz = 220 – Ihr Alter

  • Moderate Intensität = 0,55 * maximale Herzfrequenz

  • Hohe Intensität = 0,75 * maximale Herzfrequenz


Bitte beachten Sie: Viele Faktoren bestimmen, welche Bewegungen für Sie welche Intensität haben. So können Medikamente, Ihr Fitnesslevel, Ihr Alter oder z.B. Ihr Geschlecht bestimmen, wie hoch Ihr Puls beziehungsweise Ihre Herzfrequenz während der Bewegung ist. Im Idealfall lassen Sie Ihr Belastungsniveau und Ihre optimale Trainingsfrequenz von Ihrem Arzt bestimmen. So können Sie sich sicher fühlen, wenn Sie Sport treiben. 

Ein tolles Hilfsmittel für Herzpatienten: Die Pulsuhr

Eine Pulsuhr unterstützt Sie nicht nur im Sport, sondern ist auch im Alltag ein toller Begleiter. Studien haben gezeigt, dass allein das Tragen einer Pulsuhr zu mehr Bewegung im Alltag führt. Egal ob z.B. beim Treppen steigen statt Aufzug fahren, bei Gartenarbeit oder beim schnellen Gehen zum Einkaufen. Das liegt daran, dass Sie die Uhr den ganzen Tag über und jedes Mal, wenn Sie darauf blicken, sehen. Egal ob bei Alltagsbewegungen oder geplanten Sporteinheiten – Sie erkennen auf einen Blick, in welchem Puls-Bereich Sie trainieren. Ein echter Antrieb!

Los geht’s! So starten Sie direkt durch

Profitieren Sie auch von den nachgewiesenen Wirkungen von Bewegung auf die Herzgesundheit! Das schaffen Sie, indem Sie erstens darauf achten, dass sich so früh wie möglich nach einem Herzinfarkt oder einer Diagnose (wieder) zu bewegen. Zweitens, indem Sie regelmäßige Bewegungseinheiten anstatt einzelne Höchstleistungen vollbringen. Und drittens, indem Sie dabei mit mindestens moderater Intensität trainieren. 

Das klappt, wenn Sie sich mindestens 6 × 25 Minuten pro Woche mit moderater Intensität bewegen. Die richtige Intensität erreichen Sie mit Sprechtest oder Pulsuhr ganz leicht! Und vor allem: Gönnen Sie sich die Bewegungen und Sportarten, die Ihnen Freude machen. Jede Bewegungseinheit ist ein toller Fortschritt. Und es gilt auch als Sport, wenn Sie keinen Muskelkater haben. Was zählt ist, dass Sie regelmäßig am Ball bleiben, auf die Intensität achten und dass Sie beim Bewegen Spaß haben! Wann und mit wem ist Ihre nächste Bewegungseinheit geplant?

Extra-Tipp: Der persönliche Vantis Bewegungscoach

Um abzuklären, ob ein bestimmtes Trainingsprogramm für Sie geeignet ist, empfehlen wir, dass Sie im Zweifel mit Ihrem Arzt sprechen, bevor Sie mit der Bewegung beginnen.

  1. Knuuti, J.; Wijns, W.; Saraste, A.; Capodanno, D.; Barbato, E.; Funck-Brentano, C.; Prescott, E.; Storey, R. F.; Deaton, C.; Cuisset, T.; Agewall, S.; Dickstein, K.; Edvardsen, T.; Escaned, J.; Gersh, B. J.; Svitil, P.; Gilard, M.; Hasdai, D.; Hatala, R.; Mahfoud, F.; Masip, J.; Muneretto, C.; Valgimigli, M.; Achenbach, S.; Bax, J. J.; ESC Scientific Document Group. 2019 ESC Guidelines for the Diagnosis and Management of Chronic Coronary Syndromes. Eur. Heart J. 2020, 41 (3), 407–477. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz425.

  2. Pelliccia, A.; Sharma, S.; Gati, S.; Bäck, M.; Börjesson, M.; Caselli, S.; Collet, J.-P.; Corrado, D.; Drezner, J. A.; Halle, M.; Hansen, D.; Heidbuchel, H.; Myers, J.; Niebauer, J.; Papadakis, M.; Piepoli, M. F.; Prescott, E.; Roos-Hesselink, J. W.; Graham Stuart, A.; Taylor, R. S.; Thompson, P. D.; Tiberi, M.; Vanhees, L.; Wilhelm, M.; ESC Scientific Document Group. 2020 ESC Guidelines on Sports Cardiology and Exercise in Patients with Cardiovascular Disease. Eur. Heart J. 2021, 42 (1), 17–96. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaa605.

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  15. Atomic Habits: An Easy & Proven Way to Build Good Habits & Break Bad Ones. James Clear.

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