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Wie gehe ich am besten mit Stress um?

Stressige Situationen gehören zum Leben und machen auch keinen Halt vor Herzerkrankungen. Das Gute: Wie wir mit Stress umgehen, beeinflussen wir zum Großteil selbst! In diesem Artikel geben wir Ihnen Strategien zur Stressbewältigung an die Hand, die Ihren Alltag erleichtern können.

Inhalte

Auf einen Blick

Coping-Strategien (engl., Bewältigungsstrategien) helfen uns, mit belastenden Situationen umzugehen. Die Stressforschung unterscheidet geeignete und weniger geeignete Coping-Strategien.

Wenn die nächste stressige Situation auftaucht, dann gehen Sie doch die folgenden drei Schritte:
1) Nehmen Sie einen anderen Blickwinkel ein
2) Bewerten Sie das Problem neu
3) Konzentrieren Sie sich auf die Lösung

Regelmäßige Entspannungstechniken und das Ändern unserer Einstellung gegenüber stressigen Situationen kann unser Stresslevel senken. So tun wir unserem Herzen etwas Gutes.

Stressige Situationen und wo sie zu finden sind

Stress gehört unweigerlich zu unserem Leben. Wir werden immer wieder über Situationen stolpern, die uns fordern. Vielleicht lassen Sie die Bedenken vor dem nächsten Arzttermin nicht schlafen. Oder vielleicht begleitet Sie die Angst vor einem nächsten Herzinfarkt Tag und Nacht. Stress ist für jeden etwas anderes. Dabei steht fest: Stress ist einer der größten Risikofaktoren für einen Herzinfarkt und weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (mehr dazu in unserem Artikel “Was macht Stress mit meinem Herz?”).

Das lässt Stress uns tun

Wenn wir Stress empfinden, dann möchte unser Körper den Stress wieder loswerden – und zwar so schnell wie möglich. Das nennt man auch Stressbewältigung. 

So vielfältig wie die Arten und Ausprägungen von Stress sind auch Verhaltensweisen zur Stressbewältigung. Leider fallen den meisten Menschen wirkungsvolle Verhaltensweisen nicht in den Schoß. Im Gegenteil! Oft verhalten sie sich so, dass der Stress sich verstärkt.

Denken Sie doch einmal daran, was Sie tun, wenn Sie gestresst sind. Vielleicht kennen Sie das ja auch: Sie sind vom Tag erledigt und möchten nichts als Entspannung – und setzen sich vor den Fernseher. Dagegen ist erstmal nichts einzuwenden, das kann auch mal guttun! Doch wenn wir ehrlich sind, fühlen wir uns nach einem langen Fernsehabend selten richtig erholt. 

Der Lichtblick: Sie selbst können beeinflussen, wie Sie mit Stress umgehen.

Stress durch Stressbewältigung die Stirn bieten

In der Stressforschung spricht man von Coping (engl., bewältigen), wenn es um Stressbewältigung geht. Darunter versteht man Verhaltensweisen, die wir zur Bewältigung von belastenden Situationen einsetzen. Wann immer wir einer stressigen Situation begegnen, denken oder verhalten wir uns auf eine bestimmte Art und Weise, um die Situation zu überwinden und so den Stress zu reduzieren.

Jeder Mensch entwickelt seine eigenen Coping-Strategien, um mit Stress umzugehen. Was für den einen funktioniert, kann für den anderen ganz anders wirken. Doch trotzdem gibt es einige Grundsätze, die zwischen geeigneten (funktionalen) und weniger geeigneten (dysfunktionalen) Strategien unterscheiden. Schauen wir uns das an einem Beispiel an.

  • Beispiel: Sie haben das Gefühl, seit ein paar Tagen stolpert Ihr Herz immer mal wieder. Und das vermehrt beim Sport. Sie machen sich Sorgen, was das Herzstolpern auslöst. Könnte etwas Ernstes mit Ihrem Herzen sein?

Funktionale, also geeignete, Coping-Strategien verbessern belastende Situationen langfristig und verringern Stress.

  • Geeignete Coping-Strategie: Um Klarheit zu schaffen, vereinbaren Sie einen Termin bei Ihrem Arzt.
  • Mögliches Ergebnis: Im Gespräch mit Ihrem Arzt können Sie Ihre Bedenken ansprechen. Eine kurze Untersuchung schafft Klarheit und Ihr Arzt gibt Ihnen klare Empfehlungen für die nächste Zeit. Sie fühlen sich sicherer, wenn Sie nun Sport machen. 

Dysfunktionale, also weniger geeignete, Coping-Strategien können auf kurze Sicht vielleicht zu einer Erleichterung führen. Langfristig können Sie das Stresslevel allerdings sogar erhöhen.

  • Weniger geeignete Coping-Strategie: Sie suchen im Internet nach einer Erklärung für das Herzstolpern und landen in vielen verschiedenen Foren. Mit Ihrem Arzt möchten Sie nicht darüber sprechen, da Sie sich nicht richtig verstanden fühlen. Deshalb beschließen Sie auf eigene Faust, die Bewegungseinheiten erst einmal auszusetzen und sich zu schonen. 
  • Mögliches Ergebnis: Kurzfristig taucht das Herzstolpern erstmal seltener auf. Nach ein paar bewegungsfreien Tagen fühlen Sie sich aber deutlich unausgeglichener und gestresster. Das Stolpern wird nicht weniger und zeigt sich jetzt auch in ruhigen Momenten immer häufiger. Das verstärkt Ihre Sorgen umso mehr. 

Wie wirkt Stressbewältigung auf mein Herz?

Mit geeigneten (funktionalen) Coping-Strategien können Sie sich und Ihr Herz vor negativen Folgen von Stress schützen. 

So zeigte zum Beispiel eine Studie mit Herzpatienten: Ein Training zu Stressmanagement wirkt sich positiv auf den nächtlichen Blutdruck aus. In dieser Studie lernten Patienten verschiedene Coping-Strategien. Dazu zählte es, hinderliche Gedanken zu erkennen oder alternative Interpretationen für belastende Situationen zu finden. Auch führten sie Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelrelaxation durch und lernten, ihr soziales Netzwerk noch besser zu stärken. Fazit: diese Methoden haben die Herzgesundheit der Teilnehmenden deutlich verbessert!

Im nächsten Abschnitt stellen wir Ihnen deshalb konkrete Beispiele für geeignete Coping-Strategien vor. 

Geeignete Stressbewältigungsstrategien

Klingt doch fantastisch, oder? Mit effektiven Coping-Strategien können Sie Hindernisse überwinden und mit belastenden Situationen leichter umgehen. 

Was für Sie funktioniert, hängt von verschiedenen Dingen ab. Zum Beispiel von Ihren persönlichen Eigenschaften: Sind Sie ein eher aufgeschlossener oder weniger aufgeschlossener Mensch? Oder von äußeren Umständen: Wohnen Sie in der Stadt oder auf dem Land? Arbeiten Sie körperlich oder im Büro? Nicht zu vernachlässigen ist auch die Art der stressigen Situation: Ist es etwas in der Vergangenheit, das Sie stresst, oder etwas in der Zukunft

Klingt ganz schön kompliziert? Keineswegs! So kann effektive Stressbewältigung aussehen!

Instrumentelle Stressbewältigung

  • Geeignet für: Stressige Ereignisse oder Herausforderungen in der Zukunft, bei denen Sie selbst etwas ändern können
  • Ziel: Stress auslösende Dinge werden reduziert oder ganz ausgeschaltet
  • So kann es aussehen: Gespräche führen, Andere um Hilfe bitten
  • An einem Beispiel erklärt: Ihr Kalender ist für heute ganz schön voll. Sie haben einen Arztbesuch, sind zum Kaffee eingeladen, wollen eine Bewegungseinheit machen, müssen noch zur Post und der Einkauf für diese Woche steht auch noch an. Weil Sie sich von der Fülle der Aufgaben überwältigt fühlen, bitten Sie Ihren Partner um Hilfe. Er erledigt den Einkauf und den Weg zur Post für Sie, wodurch Sie sich gleich weniger gestresst fühlen.

Mentale Stressbewältigung

  • Geeignet für: Hindernisse in der Zukunft oder der Vergangenheit, die nicht direkt beeinflusst werden können
  • Ziel: Persönliche Eigenschaften oder Gedanken, die Stress verstärken, werden geändert
  • So kann es aussehen: einen neuen Blickwinkel einnehmen, Ablenkung suchen
  • An einem Beispiel erklärt: Sie haben einem Freund versprochen, diese Woche zu helfen, die schiefe Tanne in seinem Garten zu fällen. Am Dienstag hat Ihr Arzt aber eine Auffälligkeit am Herzen entdeckt und Sie haben die Gartenarbeit abgesagt. Sie brauchten ein paar Tage, um diese Nachricht zu verarbeiten. Jetzt fühlen Sie sich, als hätten Sie Ihren Freund im Stich gelassen. Das stresst Sie zusätzlich. Sie nehmen sich deshalb einen Moment und schreiben Ihre Gedanken nieder und sprechen auch nochmal mit Ihrer Partnerin darüber. Das hilft Ihnen, die Situation aus der Vogelperspektive zu betrachten. So können Sie einen neuen, objektiven Blick auf Ihre Gedanken und Gefühle erhalten. 

Regenerative Stressbewältigung

  • Geeignet für: Hindernisse in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die eine körperliche Stressreaktion auslösen oder bereits ausgelöst haben
  • Ziel: Die Stressreaktion beeinflussen
  • So kann es aussehen: regelmäßig Entspannungstechniken anwenden, eine Pause machen, Gedanken aufschreiben
  • An einem Beispiel erklärt: Sie wissen, dass es Sie sehr stresst, wenn Sie in Ihrem Alltag aufgehalten werden. Sei es im Stau oder an einer langen Kassen-Schlange. Diese Momente machen Sie manchmal richtig wütend und belasten Ihr Herz. Deswegen nehmen Sie sich 5 Mal pro Woche ein paar Minuten Zeit, um eine Atemübung durchzuführen (z.B. könnten Sie darauf achten, tief in Ihren Bauch einzuatmen). Wenn Sie diese Atemübung nun bewusst in stressigen Situationen einsetzen, merken Sie, dass Sie sich gleich viel besser fühlen.

So wähle ich die passende Strategie

Unterschiedliche Strategien sind für verschiedene Situationen geeignet:

  • Für akute Stresssituationen eignen sich die instrumentelle (z.B. andere um Hilfe bitten) und die mentale Stressbewältigung (z.B. eigene Gedanken hinterfragen)
  • Um Stress vorzubeugen und Ihr allgemeines Stresslevel niedrig zu halten, helfen Ihnen regenerative Stressbewältigungsmethoden (z.B. regelmäßige Entspannungsübungen wie Atemübungen oder die Progressive Muskelrelaxation)

Sie haben den Umgang mit belastenden Dingen selbst in der Hand! Vielleicht können Sie die stressauslösenden Situationen nicht immer ausschalten. Doch allein schon kleine Änderungen in der eigenen Einstellung gegenüber der Situation können helfen, den Stress zu bewältigen. 

3 einfache Schritte für die Bewältigung der nächsten stressigen Situation

Probieren Sie doch mal die folgenden drei Schritte aus, wenn Sie das nächste Mal vor einer herausfordernden Situation stehen:

  1. Nehmen Sie einen anderen Blickwinkel ein. Gibt es vielleicht auch etwas Positives an der Situation?
  2. Bewerten Sie das Problem neu. Was können Sie aus der Situation lernen? Wie können Ihnen diese Erkenntnisse in Zukunft helfen?
  3. Konzentrieren Sie sich auf die Lösung. In stressigen Zeiten konzentrieren wir uns auf das, was schlecht läuft. Versuchen Sie, Ihren Fokus zu ändern und probieren Sie es mit der Frage “Wodurch kann es besser werden”?

Rufen Sie sich doch in der nächsten stressigen Situation diese drei Schritte in den Kopf!

Möchten Sie mehr darüber erfahren, warum es für Ihre Herzgesundheit so wichtig ist, geeignete Coping-Strategien zu finden? Dann schauen Sie doch im Artikel “Was macht Stress mit meinem Herz?” vorbei.

Extra-Tipp: Erholung mit Vantis

Wenden Sie sich an Ihren behandelnden Arzt, wenn Sie das Gefühl haben, Ihren Alltag nicht mehr normal bewältigen zu können. Mit Ihrem Arzt können Sie abklären, in welcher Form therapeutische Unterstützung (z.B. in Form einer Psychotherapie) für Sie geeignet ist.

Bestimmte Stressbewältigungsmethoden (z.B. ausgeprägte Reflexion) können kurzfristig zu mehr Stress oder Belastung führen. Sollten Sie sich zu stark durch die angewandten Methoden belastet fühlen, brechen Sie die Methode ab und wenden sich für das weitere Vorgehen an Ihren Arzt.

  1. Folkman, S.; Moskowitz, J. T. Coping: Pitfalls and Promise. Annu. Rev. Psychol. 2004, 55 (1), 745–774. https://doi.org/10.1146/annurev.psych.55.090902.141456.

  2. Sherwood, A.; Smith, P. J.; Hinderliter, A. L.; Georgiades, A.; Blumenthal, J. A. Effects of Exercise and Stress Management Training on Nighttime Blood Pressure Dipping in Patients with Coronary Heart Disease: A Randomized, Controlled Trial. Am. Heart J. 2017, 183, 85–90. https://doi.org/10.1016/j.ahj.2016.10.011.

  3. Knuuti, J.; Wijns, W.; Saraste, A.; Capodanno, D.; Barbato, E.; Funck-Brentano, C.; Prescott, E.; Storey, R. F.; Deaton, C.; Cuisset, T.; Agewall, S.; Dickstein, K.; Edvardsen, T.; Escaned, J.; Gersh, B. J.; Svitil, P.; Gilard, M.; Hasdai, D.; Hatala, R.; Mahfoud, F.; Masip, J.; Muneretto, C.; Valgimigli, M.; Achenbach, S.; Bax, J. J.; ESC Scientific Document Group. 2019 ESC Guidelines for the Diagnosis and Management of Chronic Coronary Syndromes. Eur. Heart J. 2020, 41 (3), 407–477. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz425.

  4. Folkman, S. Stress: Appraisal and Coping. In Encyclopedia of Behavioral Medicine; Gellman, M. D., Turner, J. R., Eds.; Springer New York: New York, NY, 2013; pp 1913–1915. https://doi.org/10.1007/978-1-4419-1005-9_215.

  5. Kaluza, G. Stressbewältigung; Springer Berlin Heidelberg: Berlin, Heidelberg, 2015. https://doi.org/10.1007/978-3-662-44016-2.

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